Buchmarketing Meine Zielgruppe und ich Warum fragen Verlage ihre Autoren nach der Zielgruppe für das geplante Buch?

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Meine Zielgruppe und ich

Warum fragen Verlage ihre Autoren nach der Zielgruppe für das geplante Buch?

Sie kannte ihre Zielgruppe ganz genau: die britische Romanautorin Marie Corelli (1855 – 1924). Als uneheliche Tochter in London als Mary Mackay geboren, änderte sie ihren Namen und gab eine venezianische Herkunft an.

Literaturkritiker rümpften ihre Nasen über die sehr gefühlsbetonten, religiösen, emotionalen und erotisch angehauchten Romane. Allerdings verkaufte sie bereits in den 1890er Jahren pro Jahr immerhin 100 000 Exemplare. Davon konnten Arthur Conan Doyle und H. G. Wells zur damaligen Zeit nur träumen. Heute, trotz gigantischer Werbemöglichkeiten, träumen auch viele Schriftsteller von diesen Auflagen.

Am besten ist es, wenn Sie Teil ihrer Zielgruppe sind, so wie Rosamunde Pilcher und Agatha Christie. Ihre Geschichten spielten in einem sozialen Milieu, in dem sie lebten und aufgewachsen waren.

Titelbild

Bildunterschrift: Für Ausflüge mietete sie öffentlichkeitswirksam eine Gondel auf dem Avon bei Stratford. In ihren Romanen wimmelte es von französischen und italienischen Sätzen. Die Inszenierung war perfekt. Zu ihren Leserinnen gehörten auch Königin Viktoria und Zarin Alexandra.

Eben nicht für alle

Wird ein Buchmanuskript bei einem Verlag eingereicht, fragt das Lektorat gern, an welche Zielgruppe sich das Buch wendet. Nicht selten kommt die Antwort: Für alle! Ich spreche aus eigener Erfahrung im Lektorat und war immer wieder überrascht, wenn diese Antwort kam.

Verlage und ihre Lektorate stellen diese Frage nicht, weil sie Unterstützung bei Werbemaßnahmen und beim Marketing brauchen, nein, sie kennen ja zu diesem Zeitpunkt schon das Manuskript und können beurteilen, ob es in das Verlagsprogramm und die Vertriebswege passt und wie der Markt für das Thema aussieht.

 

Selbstreflexion

Die Frage soll vielmehr zur Selbstreflektion anregen. Der Autor soll sich vorstellen, wer sein Buch lesen und kaufen soll. Möglichst sogar als konkrete Person, weil er dann sofort merkt, ob er sich mit seinem Text genügend um die potentielle Zielgruppe bemüht hat. Andernfalls war es mehr ein Trieb zur Selbstdarstellung, ein Akt der privaten Propaganda oder die Hoffnung, reich zu werden. Das überzeugt Verlage in der Regel nicht.

Motivation

Warum haben Sie dieses Buch geschrieben? In Worten können Autoren diese Frage oft schlecht beantworten. Ohne Worte läuft es auf drei Gründe hinaus: Missionieren, therapieren, existieren.

  • Der Autor will missionieren und andere von etwas überzeugen.
  • Der Autor will sich selbst therapieren und sich etwas von der Seele schreiben.
  • Der Autor will schlicht und einfach Geld verdienen und seine Existenz sichern.

Schön, wenn es diese drei Gründe wären:

  • Der Autor möchte andere über ein spezielles Thema informieren (Fachbuch).
  • Der Autor möchte anderen helfen, etwas besser zu verstehen (Sachbuch).
  • Der Autor möchte andere einfach gut unterhalten (Belletristik).
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Konkrete Antworten

Wer also ein Buchmanuskript bei einem Verlag einreichen möchte, sollte genau auf diese Fragen nach der Zielgruppe vorbereitet sein.

  • Wer sind die Personen in der Zielgruppe?
  • Wo und wie kommunizieren sie untereinander?
  • Welche Bücher am Markt behandeln ähnliche Themen?
  • Sind Sie selbst Teil der Zielgruppe?

Sie helfen sich bereits während des Schreibens, wenn Sie sich diese Fragen beantworten. Das hat Einfluss auf die Gliederung eines Fach- oder Sachbuches und auf die Dramaturgie einer Erzählung oder eines Romans.

So verlockend es auch wäre, aber FÜR ALLE ist kein Buch interessant.  

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Übrigens: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde nur die männliche Form gewählt. Alles gilt natürlich ebenso für Autorinnen. 

Karin Springefeld