Das Buch und seine Messe
Auf der Frankfurter Buchmesse feierte sich vom 16. bis 20. Oktober wieder die Branche, obwohl es für Buchhändler und Verlage große Herausforderungen und keine gute Prognose gibt.
Ein angespanntes Konsumklima (fallende Umsätze), eine sinkende Besucher-Frequenz in Städten, ein hoher Kostendruck auf die Produktion und der Einsatz von KI-Systemen machen der Branche Probleme und trüben die Zukunftsaussichten.
Trotzdem gab es wieder Besucherrekorde, wieder Ausstellerrekorde und wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm auf der Buchmesse. Ein Event erster Klasse, wenn es um das gedruckte Buch, das E-Book, das Hörbuch und alles geht, was mit Publikationen und Vermarktungsrechten zu tun hat. Es gab Lesungen und Signierstunden und natürlich Preisverleihungen.
Die Pressetexte, die der Veranstalter, die Frankfurter Buchmesse (ein Tochterunternehmen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels), vor, während und nach der Messe, herausgab, führten alle Termine genau auf und formulierten die drei Schwerpunkte der Messe:
Diskussion gesellschaftlicher Fragen der Zeit, eine neue Halle für New Adult und Handel mit Rechten und Lizenzen.
Besucher konnten vorab aus dem tatsächlich sehr umfangreichen und täglich wechselndem Programm wählen, wo sie dabei sein wollten. Das war auch bitter nötig, denn das Programm war so üppig, dass man vorher seinen Besuch planen sollte. Man konnte natürlich auch ganz einfach hingehen und sich treiben lassen. Auch gut!
Der Messebesuch
Fachbesucher hatten sich schon vorher mit den Kollegen verabredet, die sie persönlich treffen wollten, sollten oder müssten. Da ging es dann um Ein- oder Verkauf von Lizenzen, um Übersetzungen, um Streaming- und Filmrechte oder einfach den kollegialen Gedankenaustausch über die Zukunft der Branche.
Und die Branche besteht aus Verlagen, Autoren und dem Buchhandel. Ausgerechnet für diese ursprüngliche Zielgruppe der Messe war aber recht wenig im Programm. Vielmehr machte der Veranstalter ein Erlebnis-Event für alle daraus, die sich mit dem kulturell hochstehenden Begriff „Buch“ beschäftigen oder auch nur schmücken wollen.
Volle Gänge, volle Lese-Location, voll und einfach überall voll. Das macht ehrlich gesagt nur bedingt Spaß. Für Fachbesucher schon eher abschreckend. Man traf sich außerhalb, um in Ruhe zu reden.
Wer muss noch hin?
Eine Messe ist ursprünglich ein Ort, an dem Handel getrieben wird. Hier ursprünglich zwischen Verlagen und Buchhändlern. Nun, das hat sich tatsächlich geändert, denn welcher Buchhändler muss noch nach Frankfurt fahren, um zu sehen, was Verlage für neue Bücher im Programm haben. Das ist nicht nötig, denn er wurde bereits informiert und mit Werbematerial versorgt. Viele Buchhändler treten jetzt sogar als Reiseveranstalter auf und bieten ihren Kunden einen gemeinsamen Ausflug auf die Buchmesse an.
Dank Telefon, Internet, Videokonferenzen etc. brauchen auch Verlagsleute nicht mehr nach Frankfurt auf die Buchmesse, denn Lizenzrechte werden schon lange im direkten Kontakt mit anderen Verlagen abgewickelt. Da muss niemand auf die Buchmesse in Frankfurt warten. Fachverlage brauchen gar nicht auf die Messe, denn sie vertreiben ihre Bücher direkt und ohne den Buchhandel an den Endverbraucher.
Autoren kommen auf die Messe, wenn sie ein Buch herausgebracht haben und der Verlag eine große, pompöse Lesung mit Signierstunde vorgesehen hat. Oder man bekommt einen Preis. Um für sein unveröffentlichtes Manuskript einen Verlag zu finden, ist die Messe für Autoren denkbar ungünstig.
Der internationale Publikumspreis
Ein Lichtblick für Buchliebhaber sind immer die schönsten internationalen Bücher. Wieder richtete die Frankfurter Buchmesse gemeinsam mit der Stiftung Buchkunst den „The beauty & The Book Award“ aus. Ein echter Publikumspreis für das schönste Buch. Es entschied keine Jury und keine Institution, sondern das Publikum.
Über 600 eingereichte Titel und 150.000 Stimmen auf www. beautyandbook.com in zehn Kategorien:
Allgemeine Literatur, Architektur, Design, DIY, Fotobuch, Kinder- und Jugendbuch, Kochbuch, Kunstbuch, Natur und Garten, Reisen.
Es ging nicht um Inhalte, sondern um Schönheit, wobei diese natürlich immer „im Auge des Betrachters“ liegt und hier fast ausschließlich auf das Cover bezogen werden kann, denn wie der Inhalt gestaltet war oder die Lesbarkeit beurteilt wurde, ging etwas unter.
Allerdings sind 150.000 abgegebene Stimmen aber schon eine gute Basis, um herauszufinden, welche Buchumschläge bei Buchkäufern Interesse wecken. Leider ging die Preisvergabe etwas unter, sowohl bei der Messe als auch in der Berichterstattung. Für Interessierte waren die prämierten und ausgestellten Titel aber am Stand der Stiftung zu finden.
Fazit
Der Messeveranstalter hat in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse beschlossen, ein Event für ein breites Publikum zu machen und damit den Schwerpunkt der Messe zu verändern. Das ist gelungen und die wichtigsten Themen waren politisch und aktuell, aber nicht wegweisend für die wirtschaftliche Zukunft von Verlegern und Buchhändlern. Es ging um Themen, die mehr oder weniger rein zufällig ihren Weg in das Medium Buch gefunden hatten.
Es wurde die aktuelle politische Botschaft zwischen zwei Buchdeckeln prämiert und hofiert. Und die Jugend amüsierte sich indessen in „Mystery und Fantasy“ in der neuen New Adult Halle. Dafür ist die Branche aber sehr dankbar, denn die Jugend liest und liebt das gedruckte Buch, auch wenn es vorwiegend in simpler Broschur daherkommt.
Ursprünglich war die Broschur eine typische Nebenrechtsverwertung. Das Original, das Buch mit festem Umschlag (Hardcover), wurde für die Zweitverwertung an Taschenbuchverlage für den Massenmarkt zu erschwinglichen Preisen oder der Inhalt an Lizenznehmer wie die Film- und Fernsehproduzenten vergeben.
Heute ist die Masse der Bücher auch in der Erstveröffentlichung broschiert für den Massenmarkt, ohne dass der noch eine Masse an Gewinn für Verlage, Buchhändler und Autoren abwirft.
Wenn erst KI in den Publikationsmarkt einzieht, Urheber- und Verwertungsrechte nicht mehr ausreichend geschützt werden können, hat die Branche das nächste große Problem. Und dann noch das „entwaldungsfreie Papier“.
Wie heißte es so schön: „Es gibt keine Probleme, nur interessante Aufgaben.“
Ja, die gibt es für die gesamte Branche, nicht nur für das Buch an sich.
Artikel geschrieben von: Karin Springefeld